Die Anfertigung des Alphorns


Heute baue ich meine Alphörner mit weit mehr Sorgfalt. Sie sollen ein kleines Kunstwerk sein. Schon das Auge soll sich an diesen mächtigen Instrumenten erfreuen. Mehrmals in den Jahren habe ich die Form verändert, Versuche gemacht mit dem Verlauf der konischen Form, falsche Wirbel durch perfekte Einpassung von Mundstückhalter und Mundstück und Formung des Bechers und seine Ausgestaltung zu vermeiden versucht. Meine Hörner sollen nicht mit Peddigrohr umwickelt sein. Mich erfreut der Anblick der Holzmaserung. Jeder Ast im Holz ist eine Zierde. Er wird vorsichtig ausgeschlagen und wieder eingeleimt. So ist er dicht und stören tut er überhaupt nicht. Kostbares Holz des Zwetschgenbaumes wird in der Mitte eingelegt. Der Becherrand besteht aus miteinander verleimten Teilen aus Hainbuche und Zwetschgenholz. Der Rand wird gedrechselt und dann auf den Becher aufgepaßt. Das Mundstück drechsle ich heute meist aus Grenadil oder Buchs, der Mundstückhalter wird aus Hainbuche hergestellt. Auch das Füßchen des Hornes fertige ich aus Hainbuche. Als Verbindung der drei Teile (Einblasrohr, Mittelstück und Becherstück) benutze ich perfekt ineinander passende Messingrohre, die ich außen, also sichtbar, aufsetze.

Welches Material eignet sich?

Alphörner können eigentlich aus verschiedenen Baumarten und Materialien gefertigt werden. Da werden die Schäfte der Hörner in dafür gemachten Formen aus mehrfach verleimtem Furnier angefertigt. Das garantiert einen glatten und gleichmäßigen Verlauf des Rohres, ist leicht und sehr stabil. Ohne weiteres ließen sich Rohre und Becher aus Glasfiber und anderen Kunststoffen herstellen, die, mit Peddigrohr umwickelt, nicht auffallen würden. Die Anblasbarkeit ist dann sehr leicht und stimmig. Das würde ebenso vorzüglich klingen.

Die Fichte ist traditionsgemäß das beste Holz für viele Instrumente, beispielsweise für die Decke der Violine, eines Violoncellos oder Kontrabasses. Beim Klavier oder Cembalo wird als Resonanzboden fein- und gleichmäßig gewachsenes Fichtenholz verwendet. Fichten mit dicht gewachsenen Jahresringen wachsen in Bergregionen auf kargen Böden und in Steillagen.

Der Anfang eines Alphorns

In unseren gut gepflegten Forsten sind krumm gewachsene Fichten eine Seltenheit. Ich suche mir deshalb in einer Sägerei einen geeigneten Stamm aus, den ich auf die gewünschte Dielenstärke aufsägen lasse. Aus diesen Dielen säge ich die Teile aus. Hierfür sind Schablonen angefertigt, so daß der genaue Konusverlauf bereits vorhanden ist. Die auf Länge gesägten Teile haben etwas Aufmaß, damit ich noch abstimmen kann. Dann werden sie glatt gehobelt. Der Becherteil wird aus einem dicken Diel zurechtgesägt und auf das Rohrstück aufgeleimt. Auch nach diesem Vorgang werden die Hälften nochmals auf der Hobelmaschine abgerichtet. Das Ausarbeiten der Rohr- und Becherhälften erfolgt mit einer kleinen Handfräse für den gleichmäßigen Rand und abgerundeten Simshobeln verschiedener Stärke oder mit dem Stechbeitel. Dann folgt das Glätten durch fleißiges Schleifen. Jetzt können die paßgenauen Teile zusammengeleimt werden. Innen darf keine Leimnaht auftreten, deshalb wird der noch nasse Leim mit einem Wischer entfernt.

Außenarbeiten

Nun folgt das Bearbeiten des Äußeren. Hier hilft eine kleine Handfräse und verschiedene Handhobel, auch Raspel und Schleifrollen. Das Aufsetzen des an der Drechselbank gefertigten Becherrandes und das Einpassen des ebenfalls gedrechselten Mundstückhalters und der Verbindungsstücke erfordern eines Geschick. Füßchen anzusetzen braucht ein gutes Auge, damit das Horn nicht schräg steht.

Finish

Bevor grundiert und dann lackiert wird, muß das kunstvolle Dekor angebracht werden. Hier bin ich selbst nur Zuschauer und staune, wenn meine Frau Astrid in großer Kunstfertigkeit die beiden Silberdisteln mit ihrem verrankten Blattwerk aufbrennt. Ich bin immer etwas neidisch, wenn die Betrachter des mühsam angefertigten Hornes zuerst über die schöne Brennarbeit in Bewunderung ausbrechen. Aber in der Zwischenzeit bin ich das schon gewöhnt. Heute präpariere ich meine Hörner mit einer Mischung verschiedener Pflanzenölen (Speiseölen). Diese Mischung gibt es als Öl zur Grundierung und auch als Lack. Es erfolgt ein dreimaliger Lackauftrag, innen und aussen. Nach jedem Auftrag sorgfältiges Schleifen mit feiner Schleifleinwand. Nach der letzten Lackierung nur Polieren. - Die Messingsteckverbindungen werden nicht lackiert. Die müssen dann aber immer wieder auf Hochglanz poliert werden. Die Steckverbindungen sind glatt geschliffen und poliert und sollen trocken, also ohne Schmierfett sein. Mundstücke werden nur mit dieser Pflanzenölmischung eingelassen.


Das Ergebnis

Den ersten Ton auf dem neuen Horn zu spielen, ist ein besonderes Erlebnis. Die Herzfrequenz steigt dann. Sitzen alle Töne, stimmen sie, sprechen alle Töne leicht an? Meine Frau verzieht sich bei der Angelegenheit meist in die oberen Gemächer, denn es ist früher auch schon vorgekommen, daß ein Ton nicht gut saß. Da ist dann guter Rat teuer. Aber wie groß ist die Freude, ein neues schönes gut klingendes Horn zu haben. Mit unserer Hände Arbeit in 100 Stunden entstanden. Wie ungern gebe ich es aus den Händen. Welche Wünsche begleiten es, wenn es seinen Weg geht?! - Wird es an die Wand gehängt und muß schweigen, oder erhebt es seine Stimme, um vielen Menschen etwas zu sagen? Solche Gedanken bewegen mich während der vielen einsamen Nachtstunden in meiner Alphornwerkstatt. Sie sind mit hineingebaut in das Instrument mit allen guten Wünschen.


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